Negoleg 2008


Dieses kleine, ganz am östlichen Rande Europas gelegene Land bietet dem geneigten Reisenden interessante Möglichkeiten, wenn man sich nur auf die, auf den ersten Blick sicherlich etwas ungewöhnliche, Lebenskultur einläßt. Schon an der Grenze zeigt sich die Offenheit und Unkompliziertheit der Bürokratie. Die Beamten sind zuvorkommend und freundlich, nach nur 6 Stunden sind wir mit den Einreiseformalitäten fertig.

 

Wir wollen mit ein paar Landrover in die Anagrom Ataf, der mit bis zu 2400 m ü.NN am höchsten gelegenen Wüste Europas. Sie liegt auf einem Plateau, eingerahmt von schroffen Gebirgen mit bis zu 3600 m hohem, schneebedeckten Gipfeln. Soweit meine Informationen stimmen, haben bisher nur sehr wenige vor uns diese unzugängliche Region mit eigenen Fahrzeugen bereist. So sind wir auch sehr froh diese seltene Erlaubnis bekommen zu haben dieses Gebiet zu bereisen. Zuvor jedoch statten wir der Hauptstadt Nnisdölb einen Besuch ab um noch einmal die Vorräte aufzustocken, die Altstadt zu besichtigen und den Komfort einer festen Unterbringung vor der Reise in die Wildnis zu genießen.


 

 

 

Der zentral gelegene Marktplatz von Nnisdölb  

Die Pension in der wir uns einmieten, ist sehr gemütlich eingerichtet. Auch die zentrale Heiz- und Kochstelle erweist sich nach anfänglicher Skepsis als ausgesprochen praktisch. Nahe dem Zentrum gelegen gibt es auch zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, welche rund um die Uhr geöffnet haben. Bedingt durch die Ausgangssperre, welche um 21:00 Uhr beginnt, können jedoch nur sehr wagemutige und/oder lebensmüde Kunden die Straßensperren umgehen und von den Einkaufsmöglichkeiten zu später Stunde Gebrauch machen. Uns kommt diese nächtliche Ausgangssperre jedoch zu Gute, ist doch von gelegentlichen Kettenrasseln der Militärfahrzeuge mal abgesehen absolute Ruhe in der Stadt.

 

von den guten Einkaufsmöglichkeiten machen wir gerne Gebrauch

 

 

 

   

Schon früh am Morgen kitzelt mich ein einsamer, verirrter Sonnenstrahl in der Nase und treibt mich hinaus ins Freie. Das herrliche Wetter lädt zu einer ersten Erkundung der Stadt ein. Meine Mitreisenden gesellen sich gerne dazu und so machen wir uns auf, die Sehenswürdigkeiten von Nnisdölb zu besichtigen und uns ansonsten einfach mal treiben zu lassen. Bei unserem Stadtbummel treffen wir in einer verwinkelten Seitengasse vor einer kleinen Schenke zufällig auf den Verteidigungsminister von Negoleg, der zusammen mit der Landwirtschaftsministerin dort ein inoffizielles Treffen abhält. Einer unserer Kontaktleute vor Ort ist mit einem Berater des Ministers verwandt und so ergibt sich für uns nach einem netten Gespräch die einmalige Gelegenheit, die Sommeroffensive der regierungstreuen Truppen gegen aufständische Rebellen am folgenden Tag ein Stück zu begleiten.

 


 

Links die Landwirtschaftsministerin und rechts der Verteidigungsminister

Die Dame in der Mitte hat mit der Sache nichts zu tun, Sie kam nur zufällig vorbei und drängelte sich mit auf's Foto  

Als wir anderntags auf der Lichtung eintreffen wo die Rebellen von den regulären Truppen gestellt wurden, werden wir Zeuge wie rigoros die Regierung gegen Aufständische, Taschendiebe und Händler von unseriösen Printmedien vorgeht um dem moralischen Verfall des Landes aufzuhalten und den Touristen ein angenehmes Reiseklima zu gewährleisten. Durch diese Aktion werden wir in unserem Sicherheitsbefinden, was das Reisen in diesem Land angeht enorm bestärkt. Die Sanitäter helfen auf beiden Seiten der Schützengräben und werden in der Ausführung ihrer Tätigkeit auch kaum behindert. Solch einen fairen Umgang miteinander würde ich mir an unseren Schulen auch wünschen.



Die Sommeroffensive hat begonnen

Wir möchten dem munteren Treiben und Schusswechsel gerne ein wenig länger zusehen um vielleicht noch die eine oder andere Strategie dazuzulernen, aber wir müssen weiter, denn unser Urlaub ist zeitlich leider begrenzt. So verlassen wir vorzeitig und auch etwas traurig das Schlachtfeld. Doch schon kurze Zeit später hat uns das Reisefieber wieder gepackt und wir vergessen all unsere Sorgen. Durch eine malerische Landschaft und pittoreske Dörfer kommen wir bei bestem Wetter auf recht guten Straßen schnell voran. Der Verkehr ist lange nicht so dicht wie in Mitteleuropa, lediglich die Pferdefuhrwerke erfordern einige Aufmerksamkeit von uns, da die Kutscher wie auch die Pferde oftmals unter dem Einfluss von Selbstgebrannten nicht immer verkehrsgerecht handeln. An die obligatorischen Straßensperren und das komplette Ausräumen der Fahrzeuge zwecks Kontrolle haben wir uns schnell gewöhnt und alles läuft mittlerweile so routiniert ab, das wir pro Kontrollposten höchstens 2 Stunden Zeit verlieren.

Das nicht ganz ungefährliche Heuwagensurfen ist bei der furchtlosen Jugend sehr beliebt


 

  

Einer der zahlreichen Checkpoints

Unsere Weiterfahrt zur Anagrom Ataf führt uns mehr und mehr in einsamere Gegenden und die Straßen werden immer schlechter, bei Nnisnu verschwindet der Asphalt dann endgültig unter unseren Rädern und es geht Offroad weiter. Einige der in den Karten verzeichneten Brücken gibt es vor Ort gar nicht und wir müssen uns so manches Mal selbst einen geeigneten Weg durch den teilweise sehr schlammigen Untergrund suchen. Durch starke Regenfälle in den letzten Tagen ist die Piste aufgeweicht und steht teilweise ganz unter Wasser, so dass die Landrover manchmal bis zu den Achsen im Morast versinken. Die zahlreichen Moskitos und Blutegel tun das übrige dazu, um diesen Streckenabschnitt für uns unvergesslich zu machen. Naja, ich streu ja morgens nicht umsonst Breitbandantibiotikum über meine Cornflakes wie andere Zucker.


 

 

 

 

 

 

Die Strecke wird von den Einheimischen gemieden und so müssen wir uns oftmals mit Schaufeln und Sandblechen einen Weg bahnen

 

In der großen Sand und Geröllwüste auf dem Hochplateau angekommen, staunen wir nicht schlecht, als wir unterwegs in der weiten Sandebene auf einige Pfahlbauten treffen. Wir folgen den verwitterten Spuren der legendären Piste ohne Wiederkehr bis an das östliche Ende der Anagrom Ataf. Wir müssen dabei große Dünengürtel überqueren, was uns nur mit viel Schaufelei und dem häufigen Auslegen von Sandblechen gelingt. Die vermeintlich leichteren Passagen in den Ebenen zwischen den Dünen belehren uns schnell eines besseren. Ausgedehnte Weichsandfelder, so genannte Wusch Wuschs erlauben ebenfalls nur ein langsames, kräftezerrendes Weiterkommen und wechseln sich ab mit Geröllfeldern, welche gespickt sind mit spitzen Steinen. So müssen wir andauernd den Luftdruck in den Reifen den wechselnden Bodenverhältnissen anpassen. Am Rande der Wüste angekommen, lässt uns ein Blick in die Umgebung schnell die Mühen der Anfahrt vergessen. Die Fauna und Flora ist einfach umwerfend, liebliche Blumenwiesen wechseln sich ab mit kleinen Wäldern voller Pilze und Beeren. Wir verbringen ein paar schöne Tage auf dem Plateau mit wandern und faulenzen, bevor es Zeit wird das nächste Ziel anzusteuern.

Pfahlbauten in der Anagrom Ataf

 



Unterwegs auf dem Hochplateau mit seiner phantastischen Pflanzen und Tierwelt


 


 

 

Wir fahren zurück in die Tiefebene und dort zur Provinzhauptstadt Lâbâdag. Erneut beziehen wir Quartier in einer privaten Pension, um von dort aus die Sehenswürdigkeiten und Museen der Stadt zu besuchen. Das Haus in welchen wir untergebracht werden, macht einen zunächst etwas merkwürdigen Eindruck auf uns, insbesondere durch seinen etwas eigenwilligen Baustil. Diese Besorgnis stellt sich jedoch als unbegründet heraus, die sanitären Anlagen sind großzügig angelegt und auch bei Dunkelheit bestens zu nutzen. Tagsüber schlendern wir durch die schöne Altstadt und am Abend setzen wir uns zu den Einwohnern an die Tische in den Tavernen und lauschen ihren Geschichten.



Unsere Pension stellt sich als wahrer Glücksgriff heraus

Die sanitären Anlagen sind vorbildlich angelegt und mit allem Komfort ausgestattet


 


Noch längst nicht alle Einwohner haben sich schon mit den neuen Technologien aus dem Westen arangieren können


 

Hier ein schöner Blick über die Altstadt von Lâbâdag, die transparente Bauweise der Gebäude erpart uns so manches Eintrittsgeld, da ja von außen alles gut zu sehen ist.


 


Eine der Geschichten die man uns erzählte, handelt von einer besonderen Baumschule, wo angeblich die Bäume mit einem speziellen Schweißverfahren zusätzliche Äste erhielten oder nach Kundenwünschen umgebaut werden. Dieser abenteuerlichen Geschichte wollen wir auf den Grund gehen und fahren deshalb an den Stadtrand zu der besagten Adresse um uns von dem Wahrheitsgehalt selber zu überzeugen. Die Baumschule liegt schon etwas außerhalb der Stadt und unterwegs kommen wir an einer der neuen modernen Rapsöltankstellen vorbei, wo wir ob des günstigen Preises die Landys gleich voll tanken. Nachdem wir an der Tankstelle uns noch einmal den Weg zu der Baumschule haben beschreiben lassen, kommen wir auch ohne Probleme dort an. Und tatsächlich, die von uns als Stammtischspinnerei abgetane Geschichte ist wirklich wahr. Nicht nur Blumen in den prächtigsten Farben, auch Bäume werden ganz nach Kundenwünschen gestaltet.


Die Einwohner sind Fremden gegenüber nicht aufdringlich zugleich aber offen eingestellt
 


Räpsöltankstelle an der Stadtausfahrt DJ9


  

 Besuch bei der Baumschule    

 

Bevor es zurückgeht nach Nnisdölb, fahren wir über kleine Nebenstraßen und durch kleine Ansiedlungen noch einen Umweg zum Lakegüll, einem großen See, welcher für seine Perlentaucher berühmt ist. Durch diesen See, welcher eigentlich schon eher ein Binnenmeer ist, verläuft auch die Grenze zu Molwanien. Hier ist frischer Fisch an der Tagesordnung und wir lassen das maritime Flair und die schöne Landschaft auf uns wirken. Hier kann man wirklich die Seele baumeln lassen...


Schmackhaften, frischen Fisch gibt es hier an jeder Ecke


Die Nebenstrecken verlangen einiges von Fahrer und Fahrzeug

Da wir uns der Hauptstadt diesmal von der Ostseite her nähern kommen wir am Präsidentenpalast vorbei, welcher leider für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Ein imposanter, ja schon fast ein bisschen unheimlicher Anblick ist er allemal. Jetzt können wir auch nachvollziehen warum die Bevölkerung ihren Präsidenten im Volksmund liebevoll den "alten Blutsauger" nennt. Wir beziehen diesmal ein kleines Hotel am Stadtrand, von wo aus man einen herrlichen Blick auf das schöne Umland hat ohne auf die Bequemlichkeiten des urbanen Umfelds verzichten zu müssen.

Der Präsidentenpalast


Moderne Mehrbettzimmer mit heimischer Atmosphäre

 


Von der Dachterrasse unseres Hotels hat man einen schönen Ausblick auf das Umland

Eine aufregende Reise neigt sich dem Ende, wir steuern ein wenig wehmütig aber unaufhaltsam der Grenze entgegen. Der Himmel erstrahlt im schönsten Blau und ein frischer Wind weht durch die offen Fahrzeugfenster herein. Ich könnte noch lange so durch diese unglaubliche Landschaft fahren und die Eindrücke und exotischen Gerüche auf mich wirken lassen, aber so ist es nun mal - jede Reise geht einmal zu Ende.

Es würde mich freuen wenn ich mit diesem Bericht ein bisschen das Reisefieber in euch geweckt habe und den einen oder anderen vielleicht bei meiner nächsten Wandertour in der Anagrom Ataf treffen würde  ;-)

 

Länderinfo Negoleg

Fläche: 34 800 qkm

Einwohner: 18,6 Millionen

Bevölkerungsdichte: 74,3 Einw. Je qkm

Hauptstadt: Nnisdölb ( 700 000 gemeldete Einwohner, die Dunkelziffer liegt etwa 3 Mal so hoch)

Wechselkurs: 1 € entspricht 42700 Negotaler
(Stand Juni 2008) Leider gibt es keine Geldscheine, es sind nur Münzen verfügbar

Dauer der Reise: 67 Tage

Streckenlänge: 8340 Kilometer

Temperaturen: Zwischen 16,2° bis 39,4°
In der Anagrom Ataf ist auch im Sommer mit Schnee zu rechnen

Einreise: Gültiger Reisepass mit biometrischen Daten, mindestens 14 Jahre gültig. Der Visa-Antrag muss mit 7 Lichtbildern versehen sein, sie müssen jedoch nicht mit dem Reisenden übereinstimmen

Einreise mit dem eigenen Fahrzeug: An der Grenze wird die Fahrtauglichkeit unter erheblichen Alkoholgenuss mit einem theoretischen und einem praktischen Test überprüft, zusätzlich muss jedes Fahrzeug über Bergematerial sowie 3 Feuerlöscher verfügen

Nützliches für Unterwegs: Wir haben die bettelnden Kinder mit etwa faustgroßen Steinen beworfen, das hat gut funktioniert Auf mittleren Entfernungen haben sich Madenschleudern in Verbindung mit Glasmurmeln (Ø18-22mm) bewährt. Die Nutten sind im Schnitt ca. 35% günstiger als bei uns.

Karten,Literatur: Wir haben unsere Straßenkarten selber gemalt, die einzig verfügbare Literatur lest ihr gerade ;-)

Unsere Reiseroute: