Rumänien 2005



  Jens auf Campsuche

Fest, auf beiden Achsen! Und das im strömenden Regen. Ein kleiner Bach läuft unter dem Landy entlang, der Boden ist aufgeweicht und glitschig, das MT-Profil der Landrover setzt sich sofort zu und der Vortrieb ist nahe null. Mittels Hi-Lift und dem Ninety als Zugfahrzeug gelingt uns die Bergung von Jens seinem 110er aus seiner misslichen Lage erst nach einiger Schaufelei. Durchnässt und dreckig setzten wir die Suche nach einem Camp für die Nacht fort.
So sieht also unser Urlaub aus...

Aber der Reihe nach:
Unsere Reise ins Land der Vampire führt uns zunächst nach Polen. Uns, das sind dieses Mal: Matthias und Alexandra mit ihrem Landrover 90 TD5, Jens mit seinem 110er und natürlich mein Landy mit Susanne, Dominic und mir an Bord.
In Oswiecim besichtigen wir die ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau. Es ist unvorstellbar, was wir Deutschen vor 60 Jahren für Verbrechen begangen haben. Bei allen macht sich Angesichts des Gesehenen eine betrübte Stimmung breit. Doch dies soll ein Reisebericht werden und keine Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte.

  Auschwitz

Über die Hohe Tatra gelangen wir in die Slowakei. Nach einem zunächst sonnigen Tag kommt am Nachmittag starker Regen auf. Silbernen Streifen gleich ziehen unsere Fahrzeuge ihre Spuren durch die vom Regen überflutete Fahrbahn. Der Boden abseits der Straßen ist mittlerweile aufgeweicht und glitschig. Die Suche nach einem Camp für die Nacht gestaltet sich so zu einem kleinen Offroad-Event. Bei der Erkundung nach einem geeigneten Lagerplatz unterschätzt Jens einen kleinen, den Weg kreuzenden Bach. Bei dem Versuch den Bach zu queren geht ihm erst sein Talent und unmittelbar danach die Traktion aus.
Nach der Eingangs erwähnten Bergungsaktion kann die Suche nach einem Übernachtungsplatz weitergehen.


Unser eigentliches Reiseziel Rumänien erreichen wir 2 Tage später. Der Grenzübergang verläuft schnell und problemlos, die Zöllner sind nett und informieren uns über die anstehende Währungsreform. Die ersten Pferdefuhrwerke kreuzen unseren Weg und sollen bis zum Ende treue Begleiter auf unserer Reise werden, ebenso wie der allgegenwärtige Dacia, ein Lizenznachbau eines alten Renaults. 

An einem kleinen Flüsschen schlagen wir unser erstes Camp in Rumänien auf und nutzen das vorhandene Wasser auch gleich zum Wäschewaschen. Die untergehende Sonne taucht die umliegende hügelige Landschaft und die leicht im Wind wehenden Gräser in warmes, goldenes Licht. Wären wir jetzt in Hollywood, so würde wohl ein Heer von Geigen diesen Moment musikalisch unterstreichen.

Einheimische, welche mit einem Pferdefuhrwerk vorbeikommen, nutzen die Gelegenheit zu einem netten Plauschen, welches jedoch mit einigen Sprachbarrieren zu kämpfen hat. Aber es zeigt sich schon hier die Freundlichkeit der Leute gegenüber uns Touristen, keinerlei Scheu oder Argwohn ist zu spüren.

 

Eindrücke aus Rumänien

Über gut ausgebaute Straßen geht es weiter in die Westkarpaten. Die Eishöhle bei Sca risoara ist unser nächster Halt. Hier wollen wir den zweitgrößten unterirdischen Gletscher der Welt besichtigten. Die Zufahrt zur Höhle geht über Schotterpisten durch eine sehr schöne, bergige Landschaft. Der Abstieg in die Höhle über eine baufällige Eisentreppe und in das Eis gehauene Stufen ist etwas abenteuerlich aber lohnenswert. Auf Holzstegen kann ein Teil des 7500m3 großen Gletschers begangen werden.

Über die Bundesstrasse 74 kommen wir zur alten Festung Alba Iulia. In der orthodoxen Kathedrale findet gerade eine Hochzeit statt. Wir schauen neugierig der Zeremonie zu, welche sich doch von der unsrigen unterscheidet. Draußen vor der Kirche wird Susanne derweil von den Hochzeitsgästen mit Selbstgebrannten versorgt. Als wir wieder herauskommen ist sie schon recht Lustig zuwege...
Auch der Rest der Festung ist eine Besichtigung wert. In einer der alten Außenmauern ist heute sogar ein Irish Pub untergebracht.

Eine der wohl schönsten Wehrkirchen Siebenbürgens ist die Kirche von Birtan. In der ehemals deutschen Siedlung steht die Kirchenburg, (seit 1993 Unesco Weltkulturerbe) wie eine Trutzburg über dem pittoresken Dorf.
In der Zeit zwischen dem 13 - und16 Jh. war die Wehrkirche der Rückzugsort für die Dorfbewohner während der zahlreichen Überfälle durch die Türken. Wochenlang mussten damals bis zu 5000 Menschen in der Anlage leben. Als wir uns das Bauwerk ansehen fällt eine Reisegruppe mit Touristen über die Wehranlage her. 20min für Fotos, Toilette und weiter geht's..., na ja, jeder wie er mag. "Was fahrt's denn ihr herum, mit den Jeeps?" lautet die Frage eines Reisegruppenmitglieds. Was soll man da drauf Antworten?
Die Siedlung selbst liegt inmitten einer sanft gewellten Hügellandschaft und war seit dem Mittelalter ein berühmtes Weinanbaugebiet. Die Terrassierung der Hänge ist noch gut zu erkennen, doch heutzutage werden hier keine Reben mehr kultiviert.
Bei einem Rundgang durch den Ort bekomme ich die Gelegenheit eines der Häuser von innen zu besichtigen. Es gibt im ganzen Haus nur einen Ofen, welcher gleichzeitig die Kochgelegenheit stellt und trotzdem scheint es den Leuten an nichts zu fehlen. Alle sind freundlich interessiert an unserer Anwesenheit und nicht einmal werden Bettelrufe oder Ähnliches laut.

 

Hochzeit in Alba Iulia

Wehrkirche in Birtan

Sighis oara, der Geburtsort von Vlad Tepes dem Vorbild für Dracula ist unser nächstes Ziel auf dieser Reise. Über zahlreiche Stufen geht es hinauf in die Oberstadt. Der berühmteste Turm der Stadt, der Stundturm bildet die Grenze zwischen Unter -und Oberstadt. Die Uhr des 64m hohen Stundturms zeigt die Wochentage mittels verschiedener Figuren an. Die Aufschlüsselung dazu bleibt uns jedoch verborgen. Die Altstadt ist sehr schön und lädt zum Bummeln ein. Von den ehemals 14 Wehrtürmen in der Festungsmauer stehen mittlerweile nur noch neun. In dem angeblichen Geburtshaus Draculas ist heute eine Gaststätte untergebracht.
Vorbei am Lacul Rosu, dem Mördersee wo durch einen Erdrutsch 1838 ein Wald im See versank und noch heute die Baumstümpfe aus dem See herausragen und durch die eindrucksvolle, etwa 5 Kilometer lange Bicaz-Klamm gelangen wir zum Vulkani Noroiosi. Die Landschaft sieht aus als befände man sich auf dem Mond. Kleine Schlammvulkane stehen dort herum und man kann ihnen beim Blubbern und Schlammspucken zuschauen.


Lacul Rosu


Vulkani Noroiosi

Bei Braila überqueren wir die Donau und folgen ihrem Lauf bis nach Tulcea, der Hauptstadt des Donaudeltas. Die Stadt selbst ist eine schmutzige Industrie und Hafenstadt und lädt nicht so sehr zum Verweilen ein. Wir verlassen Tulcea in östlicher Richtung und queren bei Nufaru abermals die Donau. Die Fähren sind für uns Westeuropäer schon gewöhnungsbedürftig: ein an einen Ponton angebundenes Boot transportiert Fahrzeuge und Menschen über den Fluss. Nachdem das Boot den beladenen Ponton vom Ufer gezogen hat, wird es vom Selbigen gelöst, gedreht und wieder angebunden. Während dieser Prozedur treibt die Fähre die Donau entlang um nach Beendigung des Manövers von dem Boot wieder auf Kurs gebracht zu werden. Der Ponton wird dann am anderen Ufer von dem Boot einfach auf einen Kiesstrand geschoben, wo die Fahrzeuge die Fähre dann verlassen.
Entlang des mittleren Donauarms fahren wir weiter ins Delta hinein. Kleine Dörfer und eine traumhafte Landschaft mit Sümpfen und einer reichhaltigen Vogelwelt erwarten uns. Am Abend genehmigen wir uns noch ein Bad in der Donau und beobachten die Fischer beim Auslegen ihrer Netze. Früh morgens, wenn die Mücken noch schlafen, der Nebel sich langsam lichtet und den Blick auf die Landschaft freigibt ist es dort unbeschreiblich schön, man kann sich kaum daran satt sehen.
Als die Fischer ihre Netzte wieder einholen bekommen wir dann auch sogleich frischen Fisch angeboten.


Fischer im Donaudelta

 

Unterwegs im Delta

Wir machen uns auf Richtung Constanta. Dort, bei den Bettenburgen mit Touristenschubladen angekommen, nutzen wir die vorhandenen Restaurants um mal nicht selber kochen zu müssen. Da es allerdings sehr heiß an der Küste ist und diese touristisch stark erschlossene Gegend nur sehr wenig mit dem bisher erlebten Rumänien gemeinsam hat, machen wir uns schnell wieder auf den Weg Richtung Norden. Durch die flache, von der Landwirtschaft geprägte Walachei fahren wir wieder zurück nach Transsylvanien zum Castelul Bran, dem Draculaschloss. Vlad Tepes soll dort aber wohl nie gelebt haben, nichtsdestotrotz ist es eine schöne Burg mit vielen kleinen Türmen und Gängen. Sogar ein Geheimgang samt Geheimtür ist ausgeschildert ;-)

die Törzburg in Bran

Die heftigen Niederschläge der letzten Zeit haben viele Wege durch Erdrutsche unpassierbar gemacht. Unser Versuch über kleinste Nebenstrecken eine Abkürzung durch die Karpaten zu nehmen scheitert kläglich. Trotz schweißtreibender Versuche den Weg mittels Baumstämmen und Sandblechen fahrbar zu machen erreichen wir nicht einmal die nächste, in der Karte eingezeichnete Kreuzung und müssen nach einigen Kilometern den Rückweg antreten. Die Anwohner vor Ort haben uns schon ein Scheitern vorhergesagt und quittierten unsere Rückkehr mit einem wissenden Lächeln...


unterwegs in den Karpaten

 




Nach einiger Zeit erreichen wir die Landstraße 67c, laut Karte eine Hauptstraße II Klasse. In der Realität hat jemand eine immense Anzahl verschiedenster Schlaglöcher in allen Größen zusammengetragen, in versetzten Reihen hintereinander ausgelegt und anschließend mit etwas Schotter garniert. Dazu noch ein paar Straßenschilder aufgestellt - ferddich. Wir schaukeln von Loch zu Loch bis auf über 1700m Höhe und wieder hinunter und außer einer Gruppe Motocrossfahrer haben wir die Stoßdämpferteststrecke mitsamt den Querrillen für uns allein, denken wir zumindest, bis uns nach der Passüberquerung ein Linienbus entgegenkommt. Vorbei an 2 Stauseen erreichen wir in den Ort Sugag, ab dort bekommen die Landrover wieder Asphalt unter die Räder.
Wir schlängeln uns über Nebenstraßen und durch kleine Dörfer weiter in Richtung Westen. Bei Spaziergängen in den Dörfern komme ich öfter mit den Bewohnern ins Gespräch. So ergibt sich für mich die Gelegenheit von einigen interessanten Menschen Bilder zu machen. Auch in Ställe werde ich eingeladen, um gerade geborene Kälber zu bestaunen und zu fotografieren.


Mit ein bisschen Wehmut verlassen wir Rumänien und begeben uns auf den Rückweg. In Ungarn machen wir in Budapest halt, um es zu besichtigen. Auf einem stadtnahen Campingplatz lassen wir die Fahrzeuge stehen und fahren mit der Metro in die City. Ein Rundgang durch das Burgviertel mit der Matthiaskirche und der Fischerbastei sowie ein Besuch der Kettenbrücke sind wohl für jeden Budapestbesucher obligatorisch, so auch für uns. Viel interessanter finde ich jedoch die verwirrten Touristen, welche ihre Reisegruppe scheinbar verloren haben und nun planlos herumirren. Ein dickbäuchiger, rauchender Rentner beschimpfte seine Ehefrau und Pflegerin das sie nicht aufgepasst haben wohin die Gruppe rosa Regenschirm entschwunden ist, während er geifernd den jungen Mädchen auf die Ärsche geglotzt hat. So gekonnt präsentieren sich wohl nur Deutsche im Ausland.

Kettenbrücke

Matthiaskirche

In Prag suchen wir ebenfalls einen Campingplatz in Citynähe auf und nutzen öffentliche Verkehrsmittel um die Innenstadt zu erkunden. Die Karlsbrücke und die Prager Burg sowie zahlreiche andere interessante und sehenswerte Gebäude zieren das Prager Stadtbild. Dienstagabends auf der Karlsbrücke ist mehr los als in meinem Heimatdorf zu Sylvester. Jongleure, Musikanten und Feuerspucker geben sich die Ehre mich zu begeistern (na gut- ein paar Hundert andere Leute auch noch).


Prager Burg




the dancing House

Über das Elbsandsteingebirge und die Bastei, unserem letzten Halt auf unserer Reise kommen wir nach etwas über 6000 gefahrenen Kilometern wohlbehalten wieder zu Hause an und es ist uns klar: Rumänien, wir kommen wieder.

                      

In diesem Sinne: "Multumesc frumos" an die herzliche Bevölkerung Rumäniens